Im Rahmen unseres Prophylaxeprogramms in Ghana untersuchten wir 100 Schülerinnen und Schüler an der Sunbeam Schule. Nach einem Aufklärunsprogramm mit unserem Zahnputzkrokodil und einem gemeinsamen Zähneputzen erfolgte die zahnärztliche Untersuchung. Dabei ergab sich, dass ca 20% der jüngeren Kinder (7-10 Jahre) Karies an den anfälligeren Milchzähnen aufwiesen, die Jugendlichen (13-15 Jahre) jedoch nahezu kariesfrei waren. Alle Kinder gaben an, jeden Tag mit Zahnpasta ihre Zähne zu putzen.
Ein Großteil der ghanaischen Kinder kann sich keine Süßigkeiten leisten. Für viele Kinder an der Sunbeam Schule ist das Mittagessen die einzige Mahlzeit am Tag. Sie besteht häufig aus einem Kloß Banku oder Fufu (einem Stampf aus Maismehl oder Maniok und Kochbananen) mit getrocknetem Fisch und Gemüsesalat.
Hier zeigt sich wieder deutlich der Zusammenhang zwischen Zucker, Häufigkeit der Nahrungsaufnahme und Kariesentstehung.
Impressionen
Gedanken zur Reise
Nachdem wir den gesamten Dezember und Januar damit verbracht hatten, unser Impfprotokoll abzuarbeiten (Tollwut, Typhus, Gelbfieber, Denguefieber, Cholera und Malariaprophylaxe) waren wir am 31. Januar aus medizinischer Sicht bereit für Ghana. Die emotionalen Konsequenzen dieser Reise konnten wir zu diesem Zeitpunkt noch nicht ermessen. In unseren Köpfen geisterten Bilder aus Filmen und Berichten, doch wir wollten diese durch eigene Erfahrungen überlagern, verstärken und, wenn nötig, korrigieren. Wir waren gespannt auf die Sunbeam Schule und darauf, unsere Patenkinder persönlich kennenzulernen.
Unsere Koffer wurden gefüllt mit mehreren Kilo Katzenfutter für die Hauskatzen unserer Gastfamilien, Unmengen Verbandsmaterial für die neue Krankenstation, Süßigkeiten, 100 Zahnbürsten samt Zahnpasta für die Kinder und einem Zahnputzkrokodil. Wir planten, mit den Schülern der Sunbeam Schule ein Prophylaxeprogramm durchzuführen.
Am Flughafen in Accra empfing uns die Hitze der afrikanischen Sonne, die sich für die gesamte Dauer unseres Aufenthaltes hinter einem Schleier aus Wüstenstaub, Autoabgasen und Müllverbrennungsdünsten verbarg. Überall stank es nach verbranntem Plastik und fehlender Kanalisation. Wir waren fassungslos angesichts des Mülls und verstanden nicht, wie Menschen so leben können.
Durch Karola Slany, die dieses Land seit 30 Jahren erlebt, bewohnt und bereist und ihren ghanaischen Mann Kay, der lange Zeit in Deutschland lebte, gewannen wir tiefe Einblicke in die Kultur und wirtschaftliche Situation der Ghanaen. So begannen wir zu verstehen, dass dieses Land nicht mit europäischen oder gar deutschen Maßstäben zu beurteilen ist. Wenn man im Leben noch nicht einmal einen Kaugummi in die Natur gespuckt hat, kann man natürlich nicht begreifen, wie man so achtlos seinen Müll wegwirft und ihn als Teil seiner Umwelt akzeptiert. Vor 20 Jahren wurde von Palmblättern und aus Kalebassen gegessen, die nach Gebrauch fallengelassen wurden und verrotteten. Jetzt isst man aus Einwegplastik. Plastik ist überall. Und wir verschiffen zudem unseren Müll in diese Länder, die nicht dafür ausgerüstet sind, in denen es keine Müllverbrennungsanlagen und kaum Recyclingunternehmen gibt.
Und mittendrin Menschen in ihrem täglichen Leben mit Hunger, Obdachlosigkeit, Alkoholismus und Gewalt, die plötzlich durch persönliche Begegnungen ein Gesicht und einen Namen bekommen. Man sucht in all diesem für uns so offensichtlichem Elend nach Hoffnung und erfährt eine außergewöhnliche Freundlichkeit und Gastfreundschaft, eine Akzeptanz des Andersseins, die in Deutschland seinesgleichen sucht.
Für uns war der Besuch an der Sunbeam Schule im wörtlichen Sinne ein Lichtstrahl, ein Moment der Erleuchtung. Wir wurden als Sponsoren mit einem extra einstudierten Programm mit verschiedenen traditionellen Tänzen und von hunderten lachenden Kindergesichtern begrüßt. Durch unser Zutun können wir Kindern in Ghana einen kindgerechten Alltag mit einer schulischen Ausbildung ermöglichen. Diese muss nicht zwangsweise in schön gestrichenen Klassenräumen und an digitalen Tafeln stattfinden. Wenn wir die Grenzen des Machbaren erkennen und akzeptieren, können wir auch innerhalb dieser Grenzen Großes bewirken. Für die Freude und Würde der Kinder.
Wir sind dankbar für diese Erfahrung. Nicht nur, weil wir jetzt wissen, dass Kokosnüsse eigentlich grün sind, dass man auch mit 3 Eimern Wasser sauber durch eine Woche kommt, dass Banku einfach besser mit der Hand gegessen werden sollte, dass schwarze Seife die weißesten Blusen macht und man Zähne auch mit einem Neemtreezweig putzen kann…, sondern weil wir gelernt haben, in scheinbarer Hoffnungslosigkeit immer ein lachendes Gesicht und ein buntes Kleid zu sehen.
Franziska Bosch und Juliane Eisenmenger im Februar 2024